Fallbeschreibung
Die initiale ärztliche Vorstellung des Patienten erfolgte auf Grund einer Ileussymptomatik an einem peripheren Spital. Nach Durchführung einer Kolonoskopie mit Nachweis eines zirkulär wachsenden und stenosierenden Tumors im Sigma wurde eine Computertomografie des Thorax/Abdomen/Becken durchgeführt. Hierbei zeigte sich ein gedeckt perforierter Konglomerattumor im rechten Unterbauch, sowie multiple bis zu 5cm messende Lebermetastasen. Der Patient wurde an das Universitätsklinikum in Graz transferiert und eine notfallmäßige Resektion des Sigmas mit einer Descendorektostomie durchgeführt.
Nach komplikationsloser postoperativer Genesung und interdisziplinärer Besprechung im Tumorboard erfolgte vier Wochen nach der Operation die onkologische Erstvorstellung des Patienten an unserer Ambulanz zur weiteren Therapieplanung. Es präsentierte sich ein 53-jähriger Patient ohne relevante Komorbiditäten mit einem Karnofsky Index von 80% und normalem BMI. Die Familienanamnese war negativ. Die histologische Aufarbeitung des Tumorresektats zeigte ein mittelgradig differenziertes Adenokarzinom des Sigmas im lokalen Stadium pT4aN1aR0 mit immunhistochemisch erhaltenen Mismatch Repair Proteinen. Eine molekulargenetische Hotspot Gen Panelanalyse von 22 Genen zeigte eine pathogene TP53 Mutation bei RAS und RAF Wildtyp. Im aktuellen CT Staging lag eine ausgedehnte Lebermetastasierung in beiden Leberlappen vor, ansonsten zeigten sich keine Fernmetastasen. Laborchemisch wurden deutlich erhöhte Tumormarker CEA und CA 19-9, Lebertransaminasen, sowie AP und LDH erhoben.
Prozedere
Palliative Erstlinientherapie
Unter Berücksichtigung der erhobenen Befunde wurde bei Inoperabilität der Lebermetastasten eine palliative Erstlinientherapie mit FOLFOX plus Panitumumab gestartet. Darunter konnte ein rascher Rückgang der Tumormarker, eine Normalisierung der Leberwerte, sowie eine radiologisch partielle Remission im ersten Restaging erreicht werden. Leider zeigte sich nach fünf Monaten Therapie im zweiten Restaging ein mixed Response mit zunehmender Verkalkung und Größenregredienz der vorbekannten Lebermetastasen, jedoch einzelnen eindeutig neu aufgetretenen bis zu 2cm messenden Lebermetastasen (PD nach RECIST).
Palliative Zweitlinientherapie
Es wurde entschieden die Therapie auf Grund der radiologischen Progredienz auf eine Zweitlinientherapie mit FOLFIRI plus Bevacizumab umzustellen. Leider zeigte sich jedoch schon beim ersten Restaging nach vier Zyklen eine deutliche Größenzunahme sämtlicher Lebermetastasen.
Palliative Drittlinientherapie
Erneut wurde die Therapie beendet und entschieden eine palliative Drittlinientherapie mit Regorafenib zu starten. Trotz guter Therapieverträglichkeit konnte auch unter Regorafenib keine Krankheitsstabilisierung erreicht werden und erneut musste die Therapie nach dem ersten Restaging abgebrochen werden.
Palliative Viertlinientherapie
Auch unter der palliativen Viertlinientherapie mit TAS-102 zeigten sich weiter steigende Tumormarker, sowie eine radiologische Größenprogredienz der konfluierenden Lebermetastasen.
Palliative Fünftlinientherapie
In Anbetracht des nach wie vor guten Allgemeinzustandes des Patienten mit Vorliegen eines ECOG Perfomance Status von 0, sowie einem ausgeprägten Therapiewunsch wurde entschieden eine Liquid Biopsy zur molekulargenetischen Untersuchung von zirkulierender Tumor DNA durchzuführen. Bei hohem Tumorzellgehalt konnte anhand dem 77 Gene umfassenden Avenio Expanded Panel keine bekannte Resistenzmutation für eine Anti EGFR zielgerichtete Therapie detektiert werden, wobei die vorbekannte TP53 Mutation mit hoher Allelfrequenz nachgewiesen wurde. Es wurde somit entschieden eine Biomarker gelenkte Rechallenge mit FOLFIRI plus Panitumumab zu starten. Auf Grund einer allergischen Reaktion auf Irinotecan wurde die Therapie nach einem Zyklus auf 5FU plus Panitumumab deeskaliert. Erfreulicherweise zeigte sich rasch nach Einleitung der Therapie ein Rückgang der Tumormarker CEA und CA19-9 und auch radiologisch konnte beim ersten Restaging ein Therapieansprechen im Sinne einer partiellen Remission nachgewiesen werden. Unter der Rechallenge mit 5FU plus Panitumumab konnte eine Progressionsfreiheit von fünf Monaten erreicht werden, bis sich schließlich wiederum ein radiologischer und biochemischer Progress zeigte. Die Therapie wurde beendet und bei fehlenden erfolgversprechenden Therapiealternativen schließlich eine rein symptomatische Therapie im Sinne einer Best Supportive Care vereinbart. Der Patient ist ein Monat später im häuslichen Umfeld verstorben.